Der hl. Anna
Mutteramt, MutterwŸrde und Mutterfreude
Predigt bei der Abendmesse am 26. Juli 1945 in der Annakapelle Hofgastein
Liebe MŸtter! Geliebte im Herrn!
Viele heilige MŸtter gibt es; die hl. Monika, die hl. Felizitas, die hl. Symphorosa, die hl. Elisabeth, die hl. Hemma, die sel. Anna Maria Taigi und viele andere lie§en sich aufzŠhlen. Keine von ihnen wird regelmŠ§ig mit dem Beisatze ãMutterÒ erwŠhnt wie die heutige Heilige, die hl. Mutter Anna. Es ist das fŸr uns ein Fingerzeig, dass im Leben der heutigen Heiligen die Mutterschaft von ganz besonderer Bedeutung gewesen sein muss und dass sie sich eben durch diese Mutterschaft ein ganz besonderes Verdienst und eine ganz hervorragende Glorie im Himmel erworben haben muss.
Dieser Andeutung folgend soll die hl. Anna als Mutter der Gegenstand unserer Betrachtung sein und wir wollen uns das Mutteramt, die MutterwŸrde und die Mutterfreude der hl. Anna vor Augen fŸhren und daraus lernen, wie unsere christlichen MŸtter ihr Amt erfŸllen, ihrer gro§en WŸrde entsprechend leben sollen, um auch an ihren Kindern viele Mutterfreuden hier auf Erden und einmal in der Ewigkeit zu erleben.
Das Amt einer Mutter besteht nicht allein in der Sorge und Pflege des leiblichen Lebens, das tut ja auch schon das Tier aus Naturtrieb.
Das Amt einer Mutter besteht vor allem in der Sorge und Pflege des geistigen Lebens, das Amt einer Mutter zeigt sich also in seiner ganzen Verantwortlichkeit in der Erziehungspflicht.
Diese Pflicht aber hat die hl. Anna ganz besonders ernst genommen. Sie hat ihr Kind frŸhzeitig geŸbt und herangebildet in aller Gottesfurcht und Tugend. So zeigt uns die christliche Kunst St. Anna meistens dargestellt, wie wir es auch hier am Altar dieser lieben Kapelle sehen kšnnen: Die hl. Anna unterweist und belehrt ihre hl. Tochter.
Weiter hat es die hl. Anna verstanden, ihre Tochter sorgfŠltig zu bewahren vor den Verderbnissen dieser Welt. Und wenn es christliche Lehre ist, dass Maria zeitlebens von jeder Makel auch der kleinsten SŸnde bewahrt geblieben ist, so ist das neben der Gnade Gottes das Verdienst der hl. Mutter Anna, die wirklich darauf bedacht war, Leib und Seele Mariens vor jedem Unheil zu behŸten. In frŸher Kindheit gab St. Anna das Marienkind zur Erziehung in die Tempelschule. Die Trennung fiel ihr sicher sehr schwer, aber ihre Mutterliebe war ganz selbstlos nur auf das Beste des Kindes bedacht. Die Erziehungsmethoden der hl. Anna waren sicher ganz fern von VerhŠtscheln und Verziehen des Kindes, sonst wŠre wohl aus Maria nicht die tapfere Frau geworden, die unter dem Kreuze ihres Sohnes ungebrochen in seelischer Grš§e als Schmerzensmutterausharrte.
Und sicher stand St. Anna der reinsten Jungfrau mit Rat und Tat bei, als fŸr Maria die Zeit der Verlobung und VermŠhlung gekommen war.
Ja, mšchte jede christliche Mutter hierin der hl. Mutter Anna nacheifern und ihre Kinder von frŸh auf schon zu Gottesfurcht und Fršmmigkeit erziehen. So viele christliche MŸtter habe ich in meiner doch noch kurzen priesterlichen TŠtigkeit kennengelernt, die ganz schwer darauf aus waren, dem Kind viel lernen zu lassen, damit das Kind tŸchtig werde und es einmal besser bekomme als die Eltern; aber die religišse Erziehung der Kinder haben solche MŸtter oft in erbŠrmlichster Weise vernachlŠssigt. Und doch ist das das beste Kapital, das eine Mutter ihrem Kinde ins Leben mitgibt: Gottesfurcht und Fršmmigkeit! O wenn doch jetzt, wo die Freiheit und die Mšglichkeit wieder da ist, unsere MŸtter wieder viel mehr darauf bedacht wŠren!
Der Unterricht einer christlichen Mutter trŠgt so herrliche Frucht. Was eine Mutter an Glauben und Gottesfurcht und Fršmmigkeit ins Kindesherz gesŠt hat, geht nie verloren und kommen noch so gro§e StŸrme Ÿber den jungen Menschen.
Eine christliche Mutter mŸsste nach dem Vorbild der hl. Anna immer sorgen, dass die Wohnung, das Haus, in welchem die Kinder heranwachsen wirklich zu einer Tempelschule, zu einer Kirche im Kleinen wŸrden, in welcher die Mutter mit den Kindern, vor den Kindern und fŸr die Kinder betet; in welcher das Bild des gekreuzigten und das Bild der hochgebenedeiten Gottesmutter einen Ehrenplatz einnimmt und in welcher das erste und grš§te Gebot Gottes das ewig alte und ewig neue Gebot der Gottes- und NŠchstenliebe hochgehalten wird. Wenn die Kinder dann herangereift diese Tempelschule christlichen Familienlebens verlassen, werden sie wirklich reif sein fŸr das Leben.
So sieht das Mutteramt der hl. Anna aus.
Und ihre MutterwŸrde wollen wir uns noch weiter ansehen:
Jede christliche Frau ist ja ehrwŸrdig in ihrer MutterwŸrde, wenn ihr Herz und ihr Leib WerkstŠtte des allmŠchtigen Gottes in der Fortpflanzung neuen Lebens wird. Dass aber die hl. Anna, die Heilige des heutigen Tages ganz besonders gro§ dasteht in ihrer MutterwŸrde, versteht sich von selbst. Nach zwanzigjŠhriger Unfruchtbarkeit soll St. Anna als Frucht vieler Gebete und vieler TrŠnen ihr hl. Kind empfangen haben. Wunderbar gro§ hat sich also Gottes Allmacht gezeigt, als er ihren Mutterscho§ zur Werkstatt erwŠhlte. Aber selbst wenn es nur fromme Legende wŠre, dass St. Anna erst nach so langer Zeit de Unfruchtbarkeit ihr Kind erbetet hat, das eine bleibt in der MutterwŸrde der hl. Anna als Ÿber alle Ma§en gro§ bestehen, dass nŠmlich dieses ihr Kind als einziges unter allen Menschenkindern vom ersten Augenblick der EmpfŠngnis an makellos war und auch von der Makel der ErbsŸnde freiblieb.
Und erst recht gro§ ist St. Annas MutterwŸrde, wenn wir bedenken, dass dieses Kind, dem sie das Leben schenken durfte, von Ewigkeit her auserwŠhlt war, Mutter Gottes zu werden. Die Grš§e der MutterwŸrde der hl. Anna spiegelt sich also in der unendlichen Grš§e ihres gšttlichen Enkels, Jesus Christus, des Sohnes Gottes und Erlšsers der Welt, der da ist Ÿber alles, Gott, hochgelobt in Ewigkeit!
Und wieder sollen vom Beispiel der hl. Mutter Anna die christlichen MŸtter lernen, wie sie allzeit ihre MutterwŸrde hochschŠtzen und sich der damit verbundenen gro§en Verantwortung zeitlebens bewusst bleiben sollen.
Wie die christliche Mutter ist in der EmpfŠngnis, in den neun Monaten der Erwartung, so wird vielleicht ihr Kind und werden vielleicht ihre Kindeskinder sein bis in spŠtere Genrationen hinein. Den Blick fŸr die Tataschen der Vererbung haben uns die vergangenen Jahre gešffnet. Es ist Tatsache, dass nichts blo§ leibliche Anlagen, sondern auch seelische Anlagen vererbt werden kšnnen. Die gro§e WŸrde, aber auch die gro§e Verantwortung der christlichen MŸtter leuchtet hier auf!
Und mit der MutterwŸrde und mŸtterlichen Verantwortung ist aufs innigste verknŸpft die Mutterliebe: Wie wird St. Anna ihr Kind geliebt haben, umsorgt haben, umhegt haben, um unbewusst das daraus zu machen, was der ewige Gott von Ewigkeit her mit ihrem Kinde vorhatte! Und diese Mutterliebe hat der ewige Gott zum Gleichnis gemacht fŸr all seine Liebe, die er zu uns sŸndigen Menschen hegt. So hei§t es beim Propheten Isaias (49,15):
ãKann denn ein Weib ihres Kindes vergessen, dass sie sich nicht erbarmte des Sohnes ihres Leibes?Ò Und wenn sie es doch vergŠ§e, so wollte doch ich dich nicht vergessen!Ò Das ist Gottesliebe zu jedem der Menschenkinder. So mŸsste Mutterliebe sein zu jedem ihrer Kinder!
Und wo das Mutteramt nach dem Vorbild der hl. Anna gro§ und edel aufgefasst wird: die Mutter als Spenderin des Lebens, als HŸterin des Lebens, als Erzieherin fŸrs Leben, als Priesterin im hŠuslichen Leben, und wo die MutterwŸrde hochgehalten wird nach dem Vorbild der hl. Anna, als wunderbare Teilnahme an der Schšpferallmacht und Weisheit und Liebe Gottes, da wird auch das dritte nicht ausbleiben: Mutterfreude, so wie St. Anna an ihrem Kinde schšnste Mutterfreuden erlebt hat:
Ihr Kind, die Frucht ihrer Gebete und ihrer TrŠnen hat ihr Freude bereitet schon im Augenblick der Geburt. Denn Mariens Geburt hat der ganzen Welt Freude bereitet, ist sie ja die leibliche Morgenršte, die der Sonne der Gerechtigkeit vorausging. Ihr Kind hat der Mutter Anna Freude bereitet durch die herzerfreuende Entwicklung, die dieses Kind genommen hat, da es sich zur schšnsten Jungfrau dem Leibe und der Seele nach, zur Jungfrau voll der Gnaden entwickelte. Ihr Kind hat ihr Freude gemacht durch die hohe Berufung, die ihr als Gottesmutter zuteilwurde. Ihr Kind hat ihr Freude gemacht im Himmel, wo doch ihr Kind als Kšnigin des Himmels und der Erde, als Ausspenderin und Vermittlerin aller Gnaden wirkt.
Ja, so sollen unsere christlichen MŸtter an ihren Kindern Freude erleben, in dieser Zeit und einmal in der Ewigkeit, das ist beim hl. Opfer dieses Festtages unser Gebet.
Das also sagt uns das Fest der hl. Mutter Anna:
Schwer ist das Amt der christlichen Mutter, gro§ und erhaben ist ihre WŸrde.
Und wenn Mutteramt und MutterwŸrde nach dem Vorbild der heiligsten Mutter Maria und Anna treu erfŸllt wird, gewŠhren sie auch sŸ§este Freuden fŸr Zeit und Ewigkeit.
Dieser Gedanke mag unsere christlichen MŸtter aneifern, dem Tugendbeispiel der hl. Mutter Anna nachzufolgen.
Dieser Gedanke mag unsere weibliche Jugend aneifern, sich durch ein frommes, reines Jugendleben auf das schwere Amt und die hohe WŸrde einer christlichen Mutter vorzubereiten.
Und wenn der Bischof in seinem letzten Hirtenbrief schreibt: ãIhr werdet es verstehen, wenn ich keinen Morgen, keinen Mittag und keinen Abend vorŸbergehen lasse, ohne um gute, fromme und heilige Familien zu betenÒ, so wollen wir heute St. Ana bestŸrmen:
Du gro§e heilige Mutter, hilf, dass es in unserer Pfarrgemeinde viele gute, fromme, heilige MŸtter und damit viele gute, fromme, heilige, wahrhaft christliche Familien gibt. Amen